farben & formen

Die Tradition der Buchornamentik und Buchillustration (Vergoldung, Tezhib) hat sich im 15. Jhd. zu einer besonderen Vollkommenheit und Schönheit entwickelt. Ihre Ursprünge reichen zurück bis in die vorislamische Zeit.

Zur Zeit Sultan Mehmet II („Fatih des Eroberers“) wurden die Künste speziell gefördert. In der Buchmalerei entstand eine große Vielfalt und Ausgewogenheit der Ornamente.

Üblicherweise steht die Kalligrafie am Anfang der Arbeit zu einem Werk. Die Vergolder und Buchillustratoren arbeiten um die Kalligrafien herum, heben deren Inhalt durch die Symbolik der Farben und Formen hervor. Die Ornamente sprechen eine eigene Sprache. Sie erreicht auch all diejenigen, die den Inhalt der Texte nicht erfassen. Sie sind eine Brücke über die Jahrhunderte und ebenso von der materiellen Welt in die geistigen Sphären.

In der osmanischen Zeit waren die bevorzugten Farben:
Farben Blau – aus Lapislazuli -, Rot – aus der Purpurschnecke- und Grün – aus der Jade – , der heiligen Farbe im Islam. Diese Farben werden noch bis heute als die „Fatih-Farben“ bezeichnet. Allerdings verwendet man sie inzwischen nicht mehr in der mineralischen Form. So wie viele alte Kunstschätze sind auch die Ornamente sehr lichtempfindlich. Das ist sowohl für die Ausstellung als auch für die Archivierung der Arbeiten ein Problem. Um dem zu begegnen, hat man an der Malschule am Top Kapı Palast in Istanbul spezielle Farbmischungen entwickelt, die eine größere Lichtbeständigkeit aufweisen.

Das Papier wurde mit Tee gefärbt, um den sonst sehr starken Kontrast vom Weiß Teepapierzu den Farben zu mildern. Grundiert wird es mit einer Mischung aus Eiweiß und Alaun. Das ist notwendig, damit das Gold auf dem Untergrund besser haften kann, aber auch um das Papier zu konservieren.

Malgold
Das Malgold aus dem 22karätigen Blattgold herzustellen, ist ein langwieriger, geradezu alchemischer Prozess. Blatt für Blatt wird es mit Gummi arabicum verrieben, dann gewaschen, getrocknet und kann schließlich mit einer speziellen Gelatinelösung gemalt werden. Dies ist unverändert das gleiche Verfahren, wie es auch schon in der osmanischen Zeit von den Buchmalern angewandt wurde.

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Die Formen und Motive, die in den Ornamenten verwendet wurden, sind zum Teil so stark stilisiert, dass man sie nur erkennt, wenn man sie auch in ihrem Ursprung versteht. Immer werden sie in ausgeprägter Regelmäßigkeit und Symmetrie zu einer ganzen, illustrativen Form zusammengefügt, die in ihrer Harmonie und in der Auswahl der Farben eine eigene Sprache entstehen lässt. Ähnlich wie Mandalas entfalten auch die Ornamente eine harmonisierende Wirkung im Betrachter, die mit ihrer Symbolik über die Grenzen des Intellektuellen hinausreicht.

Hatay oder Hatayi ist das türkische Wort für die Motive aus der Pflanzenwelt. Blüten, Knospen und Blattranken gehören zu den wichtigsten Bestandteilen der Ornamente. Sie sind immer mit einer klaren Symmetrie um ein Hatay1Blütenzentrum oder beim Lotos entlang einer Achse aufgebaut, und die Formen sind überaus vielfältig. Die Blütenmotive stammen ursprünglich aus Mittelasien und China. Die ältesten erhaltenen Hataymotive sind in Hatay2Wandmalereien aus dem 8. und 9. Jhd. erhalten. In der Seldschukenzeit wurden Hatays nur in sehr einfachen Formen verwendet. Im osmanischen Reich und besonders im 15. Jhd., z.Z. Fatih des Eroberers, gibt es eine große Vielfalt von Hataymotiven mit rankendem Blattwerk. Im 16. Jhd. war es besonders Kara Memi, der einen eigenen Stil in der Darstellung von Hatays entwickelte. Im 17. Jhd. gab es durch den Einfluss des Westens eine stilistische Wende in der Buchillustration. Mit zunehmend naturalistischen floralen Motiven und großflächigen Blumenmotiven begann die Zeit des „türkischen Rokoko“.

Rumi ist die Bezeichnung für die Motive aus der Tierwelt. Der Name ist von den Seldschuken, die um die Stadt Rum angesiedelt waren, abgeleitet. Diese typische, stark stilisierte Form muss man in ihrer Art erRumi1kennen, um sie in den Ornamenten unterscheiden zu können. Sie entsprechen der asymmetrischen Form von Flügeln oder Schnäbeln und sind in ihren Grundformen aus bogen- und s-förmigen Linien mit Bauch und Rücken gezeichnet. Die ältesten erhaltenen Rumimotive sind die Flügel eines Wasserdrachen auf Reliefs aus dem 9. – 10. Jhd. Rumi2Besonders die Seldschuken verwendeten dieses Motiv häufig. Nach der Einführung des Islam nimmt die naturalistische Darstellung der Tierfiguren immer mehr ab. Ab dem 15. Jhd. sind die Rumimotive vollständig stilisiert. Sie sind wegen ihres Formenreichtums und ihrer großen Variabilität die bedeutendsten Grundelemente der Ornamentik.

Geçmeler sind Flechtbänder, die in ihrer geschlossenen Form die Unendlichkeit symbolisieren. Sie umschließen als GecmeKordeln oder vielfältig geflochtene Bänder die Ornamente, sind hineingewoben oder bilden ganz eigene Formen.

WolkenWeitere Elemente in der Ornamentmalerei sind z.B. die Wolkenmuster (buluz). Auch sie stammen ursprünglich aus dem Fernosten. Sie wurden besonders im 15. und 16. Jhd. verwendet, hauptsächlich in Verbindung mit Hataymotiven.

Die Münhani, oder auch seldschukischen Kurven, wurden etwa vom 11. bis zum 15. Jhd. Muenhanibesonders zur Randverzierung von Manuskripten verwendet.

Arabesken sind die geschwungenen Randeinfassungen, die häufig die ovalen und die kreisförmigen Ornamente in den Buchillustrationen umgeben.

Eine große Vielfalt von Bordüren steht für die Randgestaltung besonders bei rechteckigen und quadratischen Ornamenten zur Verfügung. Je größer und kostbarer das Ornament, umso reichhaltiger wurden sie mit Bordüren eingefasst.

tigDie tiĝ sind die feinen Linien, die die Verbindung vom Inneren des Ornamentes zum freien Hintergrund bilden, die „Antennen“. Es gibt Hunderte von Variationen davon.

Geometrische Muster wurden vor allem in den arabischen Ländern, in Nordafrika und Spanien verwendet – nicht nur in Ziegelmustern und Mosaiken sondern auch in der arabischen Ornamentmalerei.

Die angewandte Maltechnik stammt aus der 1980 am Top Kapı Palast in Istanbul neu gegründeten Malschule und aus dem bis dahin bestehenden Privatseminar von Prof. Süheyl Ünver.

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